200 Frauen und Männer im Kampf gegen die Katastrophe

Katastrophenschutz bedeutet zumeist, dass man der Katastrophe hinterher rennt - Menschen sind bedroht, Tiere in Gefahr und Sachwerte zum Teil schwer beschädigt; und nun gilt es Situationen zu erkunden, zu priorisieren und nach und nach abzuarbeiten.

Ein personelles und technisches Großaufgebot um die Übung so perfekt wie möglich zu machen. Mehr als 200 Frauen und Männer übten ein ganzes Wochenende den Ernstfall

Es ist kaum vorstellbar, welche Bedrohungen und Schäden jeder Art in Katastrophen auftreten können. Sturmschäden, Überflutungen, Erdbeben und viele möglichen Szenarien mehr - das einzige, was man zur Verbesserung solcher Situationen vorbereitend tun kann, ist sie immer und immer wieder zu üben, Erfahrungen aus überstandenen Schadenfällen und Einsätzen einzubringen und die Teamarbeit zu verbessern . nichtsdestotrotz bleiben die einzelnen Einsatzdetails unvorhersehbar.

 

Einige auf Tatsachen basierende Romanen der vergangenen Jahre zeigen auf, dass es besonders sensible technische Bereiche gibt, die bereits durch kleinere Störungen im Gesamtgefüge zu erheblichen Problemen für die Menschen führen können. Besondere Aufmerksamkeit bekam der Roman „Blackout“ von Marc Elsberg, der einen europaweiten Stromausfall nach Hackerangriffen und dessen Konsequenzen zeigt. Ganz allgemein fasst man die wichtigste Technik unseres täglichen Lebens unter dem Begriff „kritische Infrastruktur“, kurz KRITIS, zusammen. Man versteht darunter mindestens die Bereiche Strom- und Wasserversorgung, aber auch das große Feld der Telekommunikation sowie die Aufrechterhaltung von ärztlichen Diensten und der Mobilität ist dazu zu rechnen.

 

Das Technische Hilfswerk ist die Zivil- und Katastrophenschutzbehörde des Bundes und richtet ihren Fokus seit dem Ende des kalten Kriegs verstärkt auf diese kritische Infrastruktur. Notstromversorgung, die auch für die Verfügbarkeit von Wasser unerlässlich ist, ist hierbei der zentrale Bestandteil des neuen Konzepts für die THW-Einheiten vor Ort. Mit den Fachgruppen Elektroversorgung stehen fachkundige Mannschaften mit großer elektrischer Kapazität bereits heute an vielen Standorten in Deutschland und diese Fähigkeit soll weiter gestärkt werden.

 

Damit diese Fachgruppen zielgerichtet in den Einsatz gehen können, ist eine funktionierende Kommunikation unerlässlich. Deshalb stellen die Fachgruppen Führung und Kommunikation, kurz FK, im Einsatzfall mobile Führungsstellen auf, die nicht nur Stabsräume und das dafür notwendige Personal mitbringen, sondern auch einen Weiterbetrieb von Telekommunikationsverbindungen oder deren Neuaufbau sicherstellen.

 

In Lauf ist eine dieser Fachgruppen FK stationiert und sie war Ausrichter des diesjährigen gemeinsamen Übungswochenende aller elf bayerischen Führungskomponenten. Bereichert wurde das sogenannte FK-Wochenende 2018 von den Einheiten aus Baden-Württemberg. Die gemeinsame Übung wurde von mehr als 200 ehrenamtlichen Frauen und Männern von Freitagnachmittag bis Sonntagmorgen abgehalten und umfasste die Bereiche Feldkabelbau und Stabsrahmenübung.

 

Der Feldkabelbau fand im Laufer Stadtgebiet statt und hatte zum Ziel, die Übungsleitung auf dem Parkplatz der Bitterbachhalle mit allen wichtigen Behörden und Organisationen zu verbinden. Gebaut wurde die Strecke von der THW Unterkunft über die Feuerwehr bis zum Landratsamt. Mit Feld- und Feldfernkabeln wurde die gesamte Strecke nahezu ohne Straßenquerungen verlegt und am frühen Nachmittag konnte die Verbindung erfolgreich getestet werden. Insgesamt wurden knapp 4 km Kabelstränge verlegt.

 

In der parallel stattfindenden Stabsrahmenübung mussten vier Teams, gemischt aus verschiedenen THW Ortsverbänden, von 8:00 Uhr an ein fiktives Sturmereignis mit unzähligen überschwemmten Kellern in den Tälern der Schnaittach und des Sittenbachs sowie der Pegnitz abarbeiten. Weitere Schäden waren lokale Stromausfälle, abgedeckte Dächer und umgestürzte Bäume. Bernd Müller und sein Team hatten dabei ein tatsächliches Unwetterereignis von 1987 mit den dramatischen Ereignissen zu einem Planspiel umgearbeitet. Eskaliert wurde die Situation kurz nach Mittag, als nicht nur fiktiv der Strom ausfiel. Das Szenario war nun ein Stromausfall weit über die Landkreisgrenzen hinaus und mit unabsehbarer Dauer. Die bereitgestellten Stromanschlüsse wurden den vier Führungsstellen ohne Vorwarnung gekappt; ab jetzt hieß es: autark arbeiten, eigene Aggregate anwerfen um Funk und Laptoparbeitsplätze weiter betreiben zu können.

 

Nun drehte sich auch das Planspiel weg von der Bereitstellung von Pumpen und Sandsäcken hin zur Sicherstellung der Stromversorgung für Krankenhäusern, Pflegeheimen und Tankstellen aber auch für Kläranlagen. Vorab wurden hierfür unzählige Daten für dieses Szenario gesammelt. Zusammen mit den Erfahrungen aus den Stäben dienen diese Daten künftig auch für eine Verbesserung des Katastrophenschutzes im Nürnberger Land. Davon konnten sich auch Landrat Armin Kroder und Kreisbrandrat Norbert Thiel sowie einige Mitarbeiter des Landratsamtes bei einem Besuch überzeugen. Erst am Abend hieß es dann „Entwarnung“ und der Rückbau der Führungsstellen konnte beginnen.

 

Nach einem Abendessen wurde in der Laufer Unterkunft noch bis spät in die Nacht diskutiert und debattiert. Die gute Zusammenarbeit der Führungskräfte bei reellen Einsätzen der Vergangenheit wie dem Moorbrand in Meppen, beim Hochwasser in Passau und Deggendorf sowie beim G7-Gipfel kamen genauso zur Sprache wie die mutmaßlich tatsächliche Bedrohungslage. Am Sonntag konnten die Helfer nach einem gemeinsamen Frühstück die bis zu 390 km (Emmendingen) lange Heimreise antreten.


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